Ehrlich gesagt weis ich schon garnicht mehr, wie man auf „normalem Wege“ Männer kennen lernt.

Früher, in der Zeit von Schule und Studium, war ich ehrenamtlich sehr aktiv in der Jugendverbandsarbeit - und habe dort auch die Männer kennen gelernt, mit denen ich damals zusammen war. Und das ausnahmslos: alle Männer, mit denen ich im Alter von 15 bis 25 zusammen war, hatte ich über die Jugendarbeit kennen gelernt.

Schon den Chaosmann lernte ich dann vor gut sieben Jahren per Online-Dating kennen. Damals lebte ich in Oberbayern mitten im Wald auf dem Gelände der dortigen Jugendbildungsstätte und arbeitete 60-80 Stunden pro Woche, kam also kaum raus. Die einzigen Männer, die ich kennen lernte, waren die Lehrer, die mit ihren Schulklassen zu unseren Seminaren kamen. Also eher unspannend.


Nun lebe ich in der Großstadt, bin Anfang 30, habe drei kleine Kinder und bin wieder Single. Daraus ergeben sich leider gleich mehrere Probleme...

...die Großstadt:
jeder macht so sein Ding, alles ist ziemlich anonym.

...das Alter:
die Männer, die mich interessieren, sind grob gesagt zwischen 35 und 45. Ein Alter, in dem sehr Viele schlicht und ergreifend in einer glücklichen Beziehung oder Ehe sind. Es sei ihnen gegönnt! Beim Rest gibt es Einige, die noch immer unreif sind und nicht wissen, was sie wollen. Und es gibt Viele, die grade in der Midlifecrisis stecken, sich austoben oder neu erfinden.
Männer, die mitten im Leben stehen und wissen, was sie wollen und wer sie sind, scheint es leider nicht Viele zu geben.

...die Kinder:
Ja, ich bin Mutter. Aber ich bin auch immer noch Mensch und auch Frau. Und vor allem als Letztere würde ich gerne mal wieder wahrgenommen werden.
Scheinbar hat man sofort den „Mama“-Stempel, der alles überdeckt - dabei gilt es doch, mich zu daten und nicht die Kinder. Bis ein Mann meine Kinder überhaupt erstmal kennen lernen würde, würde so einiges an Zeit ins Land gehen.


Auch jetzt suche ich wieder online. Wobei „suchen“ schon sehr übertrieben ist. Ich schaue. Und während ich so schaue, habe ich das Gefühl, es gibt drei Arten von Männern:
Zum Einen die, die nur Sex suchen. Es sei ihnen gegönnt, ist halt aber nichts für mich.
Zum Anderen die, die absolut bedürftig sind und vollkommen verzweifelt nach der großen Liebe suchen und dem Menschen, der sie endlich wieder glücklich macht. Jungs, sucht euch lieber ne gute Therapie und werdet erstmal mit euch selbst glücklich!
Und zum Dritten die „Normalen“ - die offen sind für das, was kommt. Die die Dinge sich entwickeln lassen. Und die Niemanden brauchen, der sie glücklich macht. Aber ich fürchte, diese Männer sind die Nadel im Heuhaufen.

Ich persönlich bin seit circa einem halben Jahr zum ersten Mal überhaupt glücklich und zufrieden mit mir und meinem Leben. Und das ist nach wie vor ein verdammt geiles Gefühl! Ich brauche keinen Mann, der meine Welt gerade rückt und meine Probleme löst - das kann ich schon selbst.
Tatsächlich hätte ich auch garnicht die Zeit für eine Beziehung, in der man sich täglich sieht oder das ganze Wochenende gemeinsam verbringt.

Mein Leben ist recht voll und im Großen und Ganzen sehr gut so, wie es ist!

Was das Ganze aber noch abrunden würde, wäre als i-Tüpfelchen oder als Kirsche auf der Torte ein Mann, den das alles nicht abschreckt und der Verständnis für meine Lebenssituation hat. Jemand, der auch ein eigenes Leben hat und mich nicht sofort als einzigen Inhalt von selbigem sieht. Jemand, der für mich da ist und mir den Rücken stärkt (natürlich auf Gegenseitigkeit beruhend). Eine starke Schulter zum Anlehnen. Und ja - auch zum Knutschen und Kuscheln.

Seit gut einem Dreiviertel Jahr bin ich jetzt wieder „aktiv am Markt“.
Geschrieben habe ich mit so einigen Männern - fast alle entpuppten sich als Idioten, mit denen ich mich nie getroffen hätte.
Getroffen habe ich mich bisher mit insgesamt sechs Männern. Mit zweien davon traf ich mich jeweils eine ganze Weile - irgendwann mussten wir uns aber eingestehen, dass es nicht passt.
Mit den anderen vier Männern traf ich mich jeweils nur einmal. Mal passte es für mich nicht, mal passte es für den Mann nicht. Und mal werde ich nie verstehen können, was eigentlich schief gelaufen ist.


Grundsätzlich ist es heutzutage nicht so einfach, Menschen kennen zu lernen. Mit Dating-Absichten erst recht nicht.
Aber dieses ganze Dating-Ding macht mir eines immer wieder sehr deutlich bewusst:
Ich bin sehr froh, dass ich keine 20 mehr bin - und inzwischen weis, was ich will und was nicht.



Anfang Mai 2020