Aktuell befinde ich mich mit dem Großkind und dem Mittelkind bei einer Mutter-Kind-Kur auf Fehmarn. Für mich persönlich
stand von Anfang an der Entspannungs-Aspekt eher im Hintergrund, da ich das Gefühl habe, da inzwischen für mich einen ganz guten Weg durch meinen Alltag gefunden zu haben.
Jetzt gerade läuft eine psychologische Gesprächsrunde zum Thema Achtsamkeit, die ich gerade auslasse, um meinen eigenen Weg niederzuschreiben, wie ich inzwischen versuche, achtsam durchs Leben zu
gehen.
Das Leben hat mich im Grunde gezwungen, endlich auf mich selbst zu schauen und für mich selbst zu sorgen statt immer nur für Andere. Ich habe gelernt, egoistisch zu sein und für mich auch das
Wort „egoistisch“ positiv zu besetzen. Es war ein überaus harter Weg – aber er hat mich Vieles gelehrt, vor allem über mich selbst.
SCHREIBEN
Geschrieben habe ich schon immer gern. Angefangen, durch das Schreiben auch Dinge und Ereignisse meines eigenen Lebens zu verarbeiten, habe ich 2014 nach der Geburt des Großkindes. Damals hatte
ich meinen ersten Blog – die Texte von damals habe ich dann während der zweiten Schwangerschaft überarbeitet, ergänzt und in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht, sodass mein erstes Buch daraus
wurde, das 2016 unter einem Pseudonym erschienen ist.
Seit 2017 hab ich nun wieder einen Blog, den ich leider auf Grund von Zeitmangel im Alltag viel zu wenig pflege. Kürzere Gedanken veröffentliche ich inzwischen via Instagram mit wesentlich
kürzeren Texten.
REDEN UND OFFEN SEIN
Gerade meine früheren depressiven Phasen entstanden dadurch, dass ich Vieles mit mir selbst ausgemacht und in mich rein gefressen hatte. Zu groß war der Wunsch, den äußeren Schein zu wahren und
zu peinlich waren mir die Probleme, die ich im Leben und vor allem auch in meiner ersten Ehe hatte. Doch gerade daraus habe ich sehr Vieles gelernt.
Inzwischen gehe ich mit so ziemlich Allem sehr offen um – zum Einen, weil es mir selbst hilft, und zum Anderen, weil es hoffentlich auch Anderen hilft, dieses Tabu-Denken, was ich selbst auch
früher hatte, abzulegen.
PLANUNG
Ich bin schon immer ein sehr strukturierter Mensch – ich brauche einen Rahmen und Struktur zu meiner eigenen Orientierung und Sicherheit. Glücklicherweise passt das ganz gut zum Leben mit drei
kleinen Kindern – denn hier ist Planung einfach alles. Zwar kommt mit Kindern nahezu immer irgendetwas dazwischen, aber ich habe gemerkt, dass es mir leichter fällt, einen bestehenden Plan zu
verändern, Dinge zu tauschen und zu jonglieren, als komplett ohne Plan ins Blaue hinein zu leben.
So habe ich zum Einen einen Wochenplan mit dem grundsätzlichen Ablauf – Bring- und Abholzeiten der Kinder, meine Arbeitszeiten, feste Therapietermine, etc. Diesen Plan passe ich immer Sonntags
für die kommende Woche an. So sehe ich auch, wann ich die Möglichkeit habe, Zeiten für mich selbst einzuplanen – und tue dies auch. Würde ich das nicht von vorneherein tun, würde ich vermutlich
immer darauf warten, Zeit für mich zu haben, und sie nie bekommen.
Zum Anderen mache ich jeden Abend kurz nochmal einen detaillierteren Plan für den kommenden Tag – nicht nur mit Ablauf und Terminen, sondern auch mit allen ToDos, sowohl für die Arbeit als auch
fürs Privatleben. So gehe ich für mich sicher, dass ich nichts vergesse, schlafe entspannter und starte am nächsten Morgen mit einem positiven Gefühl in den Tag, weil ich mich gut vorbereitet
fühle.
ZEIT FÜR MICH
Oben hab ich es schon angerissen: Zeit für mich ist wichtig und wird inzwischen von vorneherein eingeplant!
Ich bin ein absoluter Morgenmuffel, brauche morgens einfach erstmal eine Stunde für mich, um in Ruhe hoch zu fahren, in Ruhe einen Kaffee zu trinken und zu duschen. Startet der Tag stressig oder
zu plötzlich, bin ich morgens schlecht drauf, und meist zieht sich das dann durch den ganzen Tag. Da ich diese schlechte Laune nicht an meinen Kindern auslassen und mir selbst auch etwas Gutes
tun möchte, stehe ich bewusst früher auf, um morgens meine Stunde für mich zu haben. Klar sind auch meine Kinder mal früher wach, aber meistens bekomme ich meine Stunde.
Inzwischen habe ich auch meine Arbeitszeit zurück gefahren – nicht nur wegen dem Großkind, das einen erhöhten Betreuungsbedarf und Therapietermine hat, sondern auch ganz bewusst wegen mir selbst,
um Zeit für mich zu haben. Im Sommer 2019, als ich ins Burnout rutschte, arbeitete ich insgesamt 28 Stunden pro Woche bei zwei verschiedenen Jobs. Inzwischen bin ich wieder bei nur einem Job, wo
ich 16 Stunden pro Woche arbeite – und bin überaus glücklich damit! Für gewöhnlich arbeite ich Dienstags, Donnerstags und jeden zweiten Samstag. Mittwoch Nachmittag und Freitag Nachmittag sind
aktuell mit den Therapieterminen des Großkindes belegt.
MEDITATION
Vor ein paar Wochen habe ich mir Kopfhörer gekauft und eine Meditations-App mit angeleiteten Meditationen herunter geladen. Das Meditieren hilft mir vor Allem am Abend, runter zu kommen und den
Tag abzuschließen. Und auch kleine Meditationen, die nur drei Minuten dauern, helfen manchmal in schwierigen Situationen, schnell wieder runter zu kommen.
QUALITYTIME ZU ZWEIT
Ebenso wichtig wie Zeit für mich ist mir Zeit mit nur einem Kind. Es ist für mich Balsam für meine Seele, mich mal voll und ganz auf nur ein Kind konzentrieren zu können.
In den letzten Wochen war das auf Grund des Lockdowns nahezu unmöglich, weil größere Aktivitäten zu zweit für mich nur möglich sind, wenn die beiden anderen Kinder in der Betreuung sind – aber
künftig werden wir das wieder mit aufnehmen.
PROFESSIONELLE HILFE ANNEHMEN
Einer der wichtigsten Schritte und gleichzeitig wohl der mit der höchsten Hemmschwelle ist wohl das Suchen nach und Zulassen von Hilfe.
Bereits in 2011/12 und 2013/14 hatte ich ziemlich schlimme depressive Episoden, damals sogar bis hin zu Selbstmordgedanken. Hilfe habe ich mir damals nicht gesucht. Die Hemmschwelle war zu hoch,
es war mir damals einfach zu peinlich. Vor allem zu peinlich mir selbst gegenüber, mir einzugestehen, dass ich Hilfe brauche. Glücklicherweise bin ich da auch allein wieder herausgekommen.
Doch später war ich dann nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich, sondern eben auch für meine Kinder. Ich habe nach und nach begriffen, dass ich mich selbst pflegen und gut zu mir sein
muss, um für meine Kinder gut sein zu können.
Mein persönlicher „Klick“-Moment war am absoluten Tiefpunkt im Sommer 2019. Damals war ich so dermaßen ausgebrannt und am Ende, dass ich darüber nachgedacht habe, meine Kinder abzugeben, weil sie
definitiv etwas Besseres verdient hatten. Als Außenstehender kann man sich das vermutlich nur sehr ansatzweise vorstellen – aber solche Gedanken sind für eine Mutter unglaublich schmerzhaft. Zu
merken und zu begreifen, dass ich so dermaßen durch war, dass ich meine eigenen Kinder nicht mehr gut versorgen konnte, war der Punkt, an dem mir klar wurde, dass es Etwas ändern musste.
Aus der ganz akuten Belastungssituation im Sommer 2019 bin ich zwar mit einer normalen Krankschreibung und vor allem durch die Trennung vom Kindsvater selbst heraus gekommen – aber für die
dauerhafte Bewältigung des Alltags und der Dauer-Belastung habe ich mir irgendwann professionelle Hilfe gesucht. Inzwischen nehme ich seit fast fünf Monaten ein leichtes Antidepressivum, was mir
unglaublich hilft.
AUSBLICK – WAS KOMMT NOCH
Schon seit Monaten nehme ich mir vor, regelmäßig Sport zu machen. Nur habe ich es bisher nicht umgesetzt – bis jetzt zur Kur, wo ich auch in der freien Zeit nur für mich hin und wieder meine
Yogamatte ausgerollt habe. Mir ist hier aber auch bewusst geworden, dass ich mich, anders als geplant, abends nicht mehr für Sport aufraffen kann. Wenn wir kommende Woche wieder zu Hause sind und
die Jungs wieder in Schule und Kita gehen, werde ich das aber definitiv an den freien Vormittagen einbauen.
Auch bewusst allein an einen der vielen Seen in der Umgebung zu fahren und am Wasser spazieren zu gehen, wird künftig ab und an mit eingeplant werden.
Ich habe dreißig Jahre gebraucht, meine Minderwertigkeitskomplexe abzulegen, und bin seit circa eineinhalb Jahren glücklich und zufrieden mit mir UND meinem Leben. Darauf bin ich sehr, sehr stolz
– weil ich weis, wie hart der Weg dorthin war!
Aber Rückschläge und härtere Phasen gibt es immer wieder und wird es auch immer geben. Und das ist auch vollkommen okay.
Achtsamkeit und Selbstliebe sind nunmal keine Eintagsfliege, die man mal eine Zeit lang anwendet und dann ist alles wieder gut. Es ist ein stetiger Prozess und ist und bleibt verdammt
wichtig.
Ende Februar 2021