Auch das Thema Trocken und Sauber werden ist etwas, bei dem sich autistische Kinder schwer tun – zumindest inzwischen weis ich das.

Beim ersten Kind hat man leider nich nicht so viel Erfahrung und ist leider auch noch nicht so sicher im Eltern sein. Als das Großkind circa gut ein Jahr alt war, fing es an – wir durften uns anhören, dass mein Mann und sein Bruder in dem Alter ja schon trocken waren und wir doch bitte endlich daran arbeiten sollten. Da ich es nicht besser wusste, kaufte ich damals einen Aufsatz für die Toilette und versuchte ein paar Mal, das Großkind drauf zu setzen – jedes Mal schrie er und hatte Angst. Also lies ich es wieder.
Mein Mann und ich thematisierten das Ganze und beschlossen, dem Kind so viel Zeit zu lassen wie es braucht.

Ja, früher gingen die Kinder vor allem in Ostdeutschland früher auf den Topf – weil sie dazu gezwungen wurden. Regelmäßig von außen aufs Töpfen gesetzt zu werden hat aus meiner Sicht nichts mit trocken sein zu tun. Trocken sein heißt für mich: selbst merken, wann man muss und Bescheid sagen bzw. selbstständig aufs Töpfchen oder die Toilette gehen. Dies ist ein Entwicklungsschritt, den Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten bewältigen – ähnlich wie laufen lernen. Nur würde niemals jemand auf die Idee kommen, ein Kind zum Laufen zu zwingen, wenn es das noch nicht kann.

Kurz nach unserem Umzug nach Leipzig kam überraschend (vier Wochen zu früh) das Mittelkind zur Welt. Das Großkind war damals 18 Monate alt. Während ich im Krankenhaus war, versuchten die Großeltern, das Kind auf den Topf zu setzen und bekamen als Reaktion Widerstand und Gebrüll. Sie sahen es als Problem und ließen uns wieder wissen, dass es dieses Problem als nächstes zu lösen galt. Ich schickte meinem Schwiegervater Screenshots von Artikeln aus der aktuellen Fachwelt. Damit war das Thema – zumindest mir gegenüber – gegessen.

Im Alter von knapp drei Jahren beschloss das Großkind, dass es auf Toilette gehen und keine Windel mehr tragen möchte. Leider war dies eine reine Kopfentscheidung und man merkte schnell, dass er noch nicht merkte, wann Darm oder Blase gefüllt sind. Auf Toilette kam nie etwas und alles ging in die Hose. Immer. Das ganze lief so über mehrere Wochen. Irgendwann war das Kind so frustriert, dass er wieder ständig Windel trug. Mehrere Monate war das Thema Toilette kein Thema mehr für ihn.

Seither hatte er immer mal wieder Phasen, wo er auf Toilette gehen wollte und dies auch tat. Erfolgreich war dies allerdings nur sehr, sehr selten.

Vor einigen Wochen, mit knapp viereinhalb Jahren, fing er wieder an, immer öfter und immer länger ohne Windel sein zu wollen. Erst in der Kita, dann auch zu Hause. Schnell hatte er dann nur noch nachts eine Windel an und drei Tage später garnicht mehr. Seit vier Wochen ist er nun komplett trocken und sauber. Unfälle gab es seither einen nachts – als er krank war.

Ich bin so unglaublich stolz auf mein kleines Sorgenkind. Und vor allem ist es sooooo schön zu sehen, wie stolz er selbst darauf ist.

 

Mitte August 2018